Geschichte von Shorinji Kempo  

Ursprünge in den Lehren des Shaolin-Tempels

Die Wurzeln von Shorinji Kempo reichen zurück zu den Kampfkünsten und philosophischen Lehren des Shaolin-Klosters in China. Bereits vor über 1500 Jahren entwickelten buddhistische Mönche dort eine Kampfkunst, die nicht nur der Selbstverteidigung diente, sondern auch Körper und Geist schulte. Diese Prinzipien beeinflussten zahlreiche asiatische Kampfkünste, darunter auch jene, die später die Grundlage für Shorinji Kempo bilden sollten.

Porträt eines Mannes mit Glatze, grauem Bart und Brille, trägt traditionelle dunkle Kleidung und wird vor einem neutralen Hintergrund fotografiert. Der Mann ist So Do Shin, der Begründer von Shornji Kempo

Doshin So und seine Erfahrungen in China

Doshin So (1911–1980), der Gründer von Shorinji Kempo, wurde in Japan geboren und erhielt bereits in jungen Jahren eine Ausbildung in verschiedenen Kampfkünsten. In den 1930er-Jahren reiste er nach China, wo er als Geheimdienstoffizier für das japanische Militär tätig war. Während seines Aufenthalts vertiefte er sein Wissen über chinesische Kampfkünste und buddhistische Philosophie. Besonders prägend war seine Begegnung mit Chen Liang, dem Oberhaupt einer Kampfkunstlinie, die auf die Shaolin-Tradition zurückging.

Unter Chens Anleitung lernte Doshin So nicht nur effektive Kampftechniken, sondern auch die dahinterstehende geistige Disziplin und ethische Verantwortung. Diese Lehren hinterließen einen bleibenden Eindruck und sollten später die Basis für Shorinji Kempo bilden.

Gründung von Shorinji Kempo, 1947

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Doshin So nach Japan zurück und erlebte dort eine Gesellschaft im Umbruch. Die Niederlage Japans hatte nicht nur wirtschaftliche Not, sondern auch einen moralischen Verfall mit sich gebracht. Viele Menschen waren orientierungslos, und Werte wie Mitgefühl, Verantwortung und gegenseitiger Respekt schienen an Bedeutung zu verlieren.

Angesichts dieser Situation entschied sich Doshin So, eine neue Kampfkunst zu schaffen, die nicht nur körperliche Fähigkeiten, sondern auch moralische Prinzipien und geistige Disziplin fördert. 1947 gründete er in Tadotsu, auf der japanischen Insel Shikoku, Shorinji Kempo. Sein Ziel war es, eine Methode zu entwickeln, die Menschen dabei hilft, innere Stärke zu gewinnen und einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.

 Philosophie & Entwicklung

Shorinji Kempo basiert auf drei zentralen Prinzipien:

  • Dieses Prinzip betont, dass wahre Stärke aus innerer Stabilität und kontinuierlichem Lernen entsteht. In Shorinji Kempo geht es nicht darum, Gegner zu besiegen, sondern den eigenen Charakter zu formen und über sich hinauszuwachsen. Die körperlichen Techniken sind dabei ein Mittel zur Schulung von Disziplin, Konzentration und Ausdauer. Durch regelmäßiges Training entwickelt der Praktizierende nicht nur physische Fähigkeiten, sondern auch mentale Widerstandskraft und Selbstvertrauen, um Herausforderungen im Leben mit Gelassenheit zu begegnen.

  • Shorinji Kempo wird nicht als egozentrische Disziplin verstanden, sondern als ein Weg, der nur durch Zusammenarbeit und gegenseitiges Wachstum beschritten werden kann. Beim Training wechseln sich Partner in der Rolle des Angreifers und Verteidigers ab, wodurch sie voneinander lernen und sich gemeinsam weiterentwickeln. Dieses Prinzip erstreckt sich über das Dojo hinaus: Die Werte von Respekt, Empathie und Kooperation sollen in den Alltag integriert werden, um ein harmonisches Miteinander in der Gesellschaft zu fördern.

  • Kongo Zen ist die philosophische Grundlage von Shorinji Kempo und verbindet Elemente des buddhistischen Denkens mit körperlichem Training. Anders als rein spirituelle Meditationspraktiken betrachtet Kongo Zen die körperliche Schulung als essenziellen Bestandteil der geistigen Entwicklung. Ziel ist es, einen ausgeglichenen und ethischen Lebensweg zu verfolgen, indem körperliche Stärke mit Weisheit und Mitgefühl kombiniert wird. Es geht darum, das eigene Potenzial nicht nur für persönliche Vorteile, sondern zum Wohl anderer einzusetzen.

Kampfkunst ohne geistige Disziplin ist leer. Die Kampfkunst ohne Philosophie ist nur Gewalt. Der wahre Weg ist die Verbindung von körperlicher Technik und geistiger Entwicklung.“

– Doshin So, Shorinji Kempo - The Way of the Warrior

Shorinji Kempo heute

Seit seiner Gründung hat sich Shorinji Kempo international verbreitet und wird heute in über 30 Ländern praktiziert. In Japan ist es als eigenständige Disziplin anerkannt und wird von der Shorinji Kempo Federation organisiert, die die Lehren von Doshin So bewahrt und weiterentwickelt.

Neben der körperlichen Schulung legen viele Schulen und Verbände weltweit großen Wert auf die ethischen und philosophischen Aspekte von Shorinji Kempo. Dadurch bleibt es nicht nur eine effektive Kampfkunst, sondern auch eine Methode zur Förderung von Selbstentwicklung, Disziplin und gesellschaftlicher Verantwortung.